Naturbelassene Bienenhaltung

Es ist generell fraglich, ob willkürliche Eingriffe in die natürlichen Abläufe besser sind als die Natur selbst - Praxistips auch für Hobby Imker

In der Nutztierhaltung allgemein sind die Tiere durch eine Vielzahl von Ertragsoptimierungen geschwächt und benötigen medikamentöse Behandlung.

Die Honigbiene ist durch den Befall mit der Varroa Milbe [1] ebenfalls ohne die Behandlung mit Tierarzneimitteln (organischen Säuren) nicht überlebensfähig. Es sollte also das Ziel sein, die Medikamentenabhängigkeit in der Bienenhaltung zu verringern oder aufzuheben.
Dazu könnte es hilfreich sein, den Bienen ihre Natur zurückzugeben, indem in alle natürlichen Abläufe nicht eingegriffen wird: Naturwabenbau, Weiselzucht, Drohnen.
Auch die Selektion auf 'Sanftmut' könnte dazu beitragen, schwache Schwärme zu fördern. Im Kampf ums Überleben gegen varroa destructor müssen die Schwärme gefördert werden, die sich am vitalsten ausbreiten und sich schließlich schneller vermehren als die Milbe. Diese Auslese kann an einfachsten durch die Bildung von Ablegern realisiert werden.



Naturwabenbau: Schon die Verwendung von Mittelwänden in den Rahmen könnte die Bienen daran hindern, ihre natürliche Fähigkeit des Wabenbaus und die Nutzung der Wachsdrüsen auszuleben. Zum naturnahen Wabenbau können Streifen aus reduzierten Mittelwänden verwendet werden, um den Wabenbau im Rahmen von oben nach unten anzuregen. [2] Auch das Problem von Verunreinigungen durch hinzugekauften Wachs ist dadurch gering. Die Eigenproduktion von Wachs wird ebenfalls erhöht.


Naturwabenbau



In der Schwarmzeit von April bis Juni muss wöchentlich eine Schwarmkontrolle durchgeführt werden. Anlass für die Bildung eines Ablegers ist das Vorhandensein von Schwarm-, Weisel- oder Nachschaffungszellen oder eine Überfüllung der Beute und das Vorhandensein von reichlich Flugbienen. Eine zusätzliche Leerzarge bei Verwendung der Liebig-Zander-Beute schützt nicht davor, das Bienen Ausschwärmen.




Die Weiselzucht kann durch die Bildung von Ablegern geregelt werden: Durch die Bildung von Ablegern wird die genetische Vielfalt der lokalen Bienen Population gesichert. Wenn keine Schwarmzellen vorhanden sind, können die Arbeitsbienen aus unverdeckelter Brut (Stiften) neue Weiselzellen bilden. Die neue Königin schlüft nach 16 Tagen. Nach ca. 3-4 Wochen sollte verdeckelte Brut der neuen Königin vorhanden sein. Das Abquetschen oder Entfernen von Schwarmzellen ist nicht erforderlich, da die Bienen diese Selektion selber vornehmen. Die genetisch beste Königin wird überleben.

Schwarmzellen
Schwarmzellen
Verdeckelte Brut
Verdeckelte und unverdeckelte Brut



Ableger bilden am selben Standort: Ein Ableger am Standort kann durch die Entnahme von drei Rahmen voll belegt mit Bienen erzeugt werden. Es sind keine zusätzlichen Bienen erforderlich, der Ableger ist von Anfang an kräftig und muss nicht gefüttert werden. Nach der Entnahme von 3 Rahmen bei einzargiger Haltung ist die Schwarmneigung im laufenden Jahr in der Regel beendet. In einem kräftigen Schwarm mit vielen Flugbienen hat diese Entnahme keine nennenswerten Auswirkungen.



1-Rahmen Ableger: Der 1-Rahmen Ableger erfordert das Zusetzen von Flugbienen durch Abklopfen über der Beute aus anderen Rahmen. Damit die Flugbienen nicht in ihren bisherigen Schwarm zurückkehren, muss dieser Ableger an einen anderen Standort mit mindestens 2 km Entfernung aufgestellt werden.



Honigernte: Bienen können nicht messen, wieviel Honig gesammelt ist. Darum ist die Ernte von überschüssigen Honig kein Problem. Die Honigernte sollte bis Ende Juli abgeschlossen sein, um einen Winter Vorrat zu ermöglichen und das Verfahren 'Teile und Behandle' zur brutfreien Varroa Behandlung und Weiselzucht rechtzeitig vor dem Winter anzuwenden



Drohnen sind zur Reproduktion erforderlich. Sie sorgen für Harmonie im Schwarm. Drohenrahmen und Drohnenschnitt sind willkürliche Eingriffe in die Natur der Biene und sollten unterbleiben. Es ist auch absurd, extra Drohnenrahmen einzubauen, nur um dann die Drohnen zu schneiden und zu entfernen. Das ist eine Missachtung des Lebens und Verschwendung von Lebensenergie. Auch der gelegentliche Befall von Drohenbrut mit Milben ist kein zwingender Grund für einen Drohnenschnitt.



Räuberei: Ab Ende Juni beginnt die Räubereizeit und endet mit der Einwinterung Ende Oktober. Schwache Völker sind besonders gefärdet, von starken Völkern des Honigs beraubt zu werden. Ist ein schwacher Schwarm einmal befallen, kann er kaum noch gehalten werden. Die verbliebenen Bienen haben in der Regel am nächsten Tag die Beute verlassen und betteln sich bei anderen Schwärmen ein.



Fluglochverengung: Zur Verhinderung von Räuberei kann dass Flugloch mit Armierungsgitter oder Schaumstoff verengt werden. Ein zu enges Flugloch wiederum birgt die Gefahr, dass es mit toten Bienen verstopft werden könnte. Sicherer ist deshalb eine asymmetrische Verengung auf ca. 1/4 an der Seite des Brutraums. Die für Räuber nicht zugängliche Seite enthält Futterrahmen und Futtertaschen.



Füttern: Wenn die Bienen wegen langem Regenwetter oder niedriger Temperatur nicht fliegen können, ist Füttern mit Zuckerwasser sinnvoll. Das Ziel ist, die Ammenbienen stark zu halten und die Brutbildung zu förden. Dazu sind nur geringe Mengen Zuckerwasser erforderlich. Zuviel Futter füllen die Bienen in die Honig Waben wie Nektar und verringern somit den Platz zum Brüten.
Zuckerwasser: 1kg Raffinade auf 5 Liter Wasser ist ausreichend. Futtermenge hängt ab von der bereits vorhandenen Anzahl Futterrahmen.



Winterstärke: Schwache Schwärme unter 5000 Bienen können im Winter die Wärme nicht halten und haben nur eine geringe Überlebens-Wahrscheinlichkeit. Schwärme mit weniger als 5000 Bienen werden bei der Einwinterung Ende Oktober mit einem stärkeren Schwarm vereint, bei mehrzargigen Beuten ganzzargig aufgesetzt. Um Schockzustände zu vermeiden, kann beim Aufsetzen einer Zarge ein Blatt Backpapier nützlich sein. Die Bienen müssen sich dann erst durch das Backpapier fressen und kommen so nicht gleichzeitig in Rage. Der vereinte oder aufgesetzte Schwarm hilft so mit, eine größere Bienentraube zu bilden, um die Körpertemperatur von 36 °C zu halten. Das ist auch bei Schwärmen unterschiedlicher Sorte/Rasse möglich.
Im Rahmen nach Zander-Maß hat eine mit Bienen gefüllte Seite des Zander-Rahmens ca. 1000 Bienen.



Waben Hygiene: Vor dem Schlüpfen entleeren sich die Bienen in ihrer Wabe. Diese Ausscheidungen führen dazu, dass die Waben verschmutzen, was zu einer zunehmend dunklen Färbung führt. Aus diesem Grunde müssen besonders die Honigwaben immer frisch sein. Verschmutzte und brutfreie Waben sollten entfernt und erneuert werden. Eine Möglichkeit, das Brutnest sauber zu halten, besteht darin, von Zeit zu Zeit in der Nähe des Brutnestes frische Rahmen einzufügen.



Wachskreislauf: Der Wachs verschmutzer Waben Rahmen wird in einem Wachsschmelzer vom Schmutz getrennt.
Sonnenwachsschmelzer haben den Nachteil, dass Räuberei gefördert wird. Dampfwachsschmelzer sind in vielen Größen im Handel. Die einfachste Form ist ein handelüblicher Dampfentsafter für Obst.
Der geschmolzene Wachs kann verkauft oder in Mittelwände umgetauscht werden.



Die Varroa Milbe (varroa destructor) [1] kann sich besonders im September exponentiell vermehren. Ob eine Varroa Behandlung erforderlich ist, sollte ca. alle 4 Wochen durch eine Gemülldiagnose [3] ermittelt werden. Ab ca. 5 gefallenen Milben pro Tag ist eine Behandlung erforderlich.

Schwarmzellen
varroa destructor




Wenn keine Brutfreiheit erzeugt werden kann, ist die Behandlung mit Ameisensäure ad us. vet. (Tierarzneimittel) empfohlen. Ameisensäure zerstört auch die Bienenbrut mit der darin befindlichen Milbenbrut.

Milch- oder Oxalsäure ad us. vet. zerstören nicht die Bienenbrut. Nach 2 Wochen sind die Bienen mit den nicht zerstörten Milben geschlüpft. Die Wiederholung der Behandlung mit Milch- oder Oxalsäure nach 2 Wochen ist somit schonender für den Bienenbestand.

Bei Brutfreiheit 3 Wochen nach dem ersten Frost oder durch das Verfahren 'Teilen und Behandeln' können Milchsäure oder Oxalsäure eingesetzt werden.
Der Fall toter Milben nach der Behandlung mit Milchsäure oder Oxalsäure beträgt drei Wochen. Erst danach kann der Erfolg der Behandlung durch Gemülldiagnose berechnet werden.

Die Behandlung sollte Ende Dezember letztmalig erfolgen um die Lebensmittelqualität des Honigs im kommenden Jahr nicht durch organische Säuren zu gefährden.

Der Varroaschieber bleibt nur zur Diagnose eingelegt und wird auch im Winter entfernt. Er wird nur zu Diagnosezwecken zwischendurch mal (für ca 3 Tage) eingelegt. Während des Winters soll Luft von unten an die Völker kommen. [4]



[1] Die Varroa Milbe (varroa destructor) https://de.wikipedia.org/wiki/Varroamilbe
[2] Naturwabenbau bienenjournal.de/imkerpraxis/naturwabenbau-im-honigraum/
[3] Gemülldiagnose de.wikipedia.org/wiki/Gemülldiagnose
[4] Varroaschieber rein oder raus?

Anfragen an: @olaf_christian
Chat t.me/Naturbelassene_Bienenhaltung
W3C